Donnerstag, 4. Juli 2019
(10) Neues aus Iran
Stars were born


Im Oktober letzten Jahres werden wir zu einem Casting für einen Film eingeladen. Man suchte europäisch aussehende Komparsen. Der Termin ist um halb sieben. Da es regnet, bestellen wir schon rechtzeitig ein Snap. Doch eins nach dem anderen cancelt die Tour, so dass wir schließlich erst um halb neun in dem Studio ankommen. Kein Wort über unsere Verspätung. Wir sollen Platz nehmen, es werde noch etwas dauern. Es sind noch drei Schauspieler-Aspiranten im Studio.
Obst, Gebäck und Tee stehen bereit. Der Regisseur sitzt auch im Studio (Mitte).




Es herrscht eine gewisse Anspannung, da wir nicht wissen was auf uns zukommt. Das einzige, das wir wissen, ist, dass es um 'Kindersoldaten' geht, die im Iran-/Irakkrieg (1980-88) in irakische Gefangenschaft geraten sind und die in Bagdad in einer Pressekonferenz vorgeführt werden, zu der internationale Journalisten eingeladen sind - die stellen wir Europäer dar. Nach etwa einer halben Stunde werden wir aufgerufen und vermessen.




Das war's. Vier bis acht Wochen hören wir nichts, dann erhalten wir den Termin für den Dreh. Wir werden morgens um sieben mit Taxi abgeholt und zu einem alten Theater im Süden der Stadt gefahren.

Während im Theatersaal die Kulisse aufgebaut wird, warten wir im geräumigen Vorraum, in dem auch die einheitlich gekleideten Gefangenen sitzen sowie die irakischen Soldaten.






Unser Betreuer im Gespräch mit uns.








Der Türsteher ist zuständig dafür, dass der Kulissenaufbau ungestört erfolgen kann.




Ein kurzer Blick ins Innere darf doch wohl erlaubt sein.




Der Regisseur im Gespräch mit seinem Assistenten.






Uns ist etwas mulmig, weil wir eigentlich nichts über den Film und seine Intention wissen und auch keine richtigen Informationen erhalten. Spielen wir womöglich in einem Propagandafilm mit, der das Volk auf einen eventuellen Krieg einstellen soll. Es kommen nur bruchstückhafte Infos durch.

Die Vorbereitungen laufen - hier in der Maske



- vorher - nachher ...






Die Kulisse.




Der Dreh.












Freizeitbeschäftigung: Skizzieren der Hauptakteure.






Der Auftritt der Journalistin - Klappe 33




Der Regisseur gibt einem Reporter Anleitungen.






Vorne die 'Kindersoldaten', dahinter die Presse.




Einer der Hauptakteure der Iraker.




Mittagspause.






Das Gruppenfoto mit Regisseur.




Gut acht Stunden haben die Aufnahmen gedauert. Der Film bewirbt sich für das internationale Fars-Filmvestival, das im Frühjahr in Teheran stattfindet. Wir sind gespannt. Im Februar erfahren wir, dass er in die Auswahl für das internationale Fars-Filmfestival gekommen ist und bereits einen nationalen Preis errungen hat. Dann kommt der Film in die Kinos.

Im Kern geht es darum, dass den Kindersoldaten die Freilassung unter der Bedingung in Aussicht gestellt wird, dass sie nicht mehr gegen den Irak kämpfen. Die Gefangenen lehnen dies ab und gehen für ihre Forderung auf Gleichbehandlung mit den sonstigen Kriegsgefangenen in einen Hungerstreik, den sie erst nach Aufforderung des Iran beenden.

Wir schauen uns den Film im Kino an und finden ihn nicht schlecht. Leider ist er auf Farsi und es fehlten für uns die englischen Untertitel. Aber wir wussten ja, worum es in dem Film geht - nämlich in dem von uns gespielten Part, dass der irakische Moderator die Antworten der iranischen Gefangenen falsch übersetzt. Es geht um Fragen wie: Hat man euch versprochen, dass ihr als Märtyrer ins Paradies kommt? Die übersetzte Antwort lautet: Ja, aber unglücklicherweise sind wir nicht gestorben. Der Gefangene, der die Antwort gegeben hatte, begehrt in dem Film auf und ruft: No Sir, no Sir - offensichtlich ist er mit der Übersetzung nicht einverstanden.

In dem Nachspann erscheinen die Namen der europäischen Akteure, als auch unserer, in lateinischen Lettern, die der übrigen Schauspieler in Farsi.

Im Mai fand das internationale Filmfestival statt. Die Auszeichnung für den besten Film erhielt eine russische Produktion. Zu erwähnen ist noch, dass der Drehbuchautor für Volker Schlöndorffs Film „Wackersdorf“, Oliver Haffner, dort ebenfalls eine Auszeichnung erhielt.

Ein interessantes Erlebnis.