Samstag, 30. März 2019
(8) Neues aus Iran


Anfang März besuchen wir übers Wochenende Qazvin und Karadj, zwei frühere Handelsstädte ca. 160 km westlich von Teheran.

Chitgar-Lake

Der Weg von Teheran nach Qazvin führt am Chitgar-Lake vorbei. Das 'Naherholungsgebiet' im Nordwesten von Teheran wird mit Betonklötzen zugebaut.








Damit die Teheraner bei ihrer Naherholung aufs Shoppen nicht verzichten müssen, soll hier eine der größten und luxuriösesten Einkaufszentren der Welt entstehen, die Iran Mall. Das Projekt wurde auf der MAPIC 2017 in Cannes vorgestellt und soll mit denen in Dubai konkurrieren. Es erstreckt sich über eine Million Quadratmeter. Die Architektur wurde der kanadischen Norr Group übertragen. Investor ist die Iran Mall Commercial Company (IMCC) aus Teheran, ein führender Entwickler von Einkaufszentren und Hotels im Iran.


Das Projekt



Der Komplex wird ein großes Einkaufszentrum von 20.000 m², zwei Hotels, davon ein 5-Sterne-Hotel mit 450 Zimmern umfassen, ein Ausstellungszentrum, einen 54-stöckigen Büroturm, ein Kulturzentrum und ein Sportkomplex mit Tennisplätzen, zwei Schwimmbädern und Wellnessbereich (eines für Männer und eines für Frauen), Einrichtungen für Kongresse, Tagungen und Bankette sowie ein hochmodernes Theater mit 2.000 Plätzen. Die erste Tranche wurde Ende 2017 eröffnet.


Der bereits fertiggestellte Teil:





Das 5-Sterne-Hotel












Der 54-stöckige Büroturm im Bau





Karadj




Karadj ist eine Industriestadt mit ungefähr 2 Millionen Einwohnern. Sie ist aus 10 Stadtteilen entstanden, die 1996 zusammengefasst wurden. Um die Stadtentwicklung zu steuern, wurden in den verschiedenen Jahren Masterpläne entworfen, aber nie umgesetzt. Der erste Masterplan 1977 scheiterte an der Islamischen Revolution. In den Jahren des Ersten Golfkrieges (1980–1988) wuchs Karadj unkontrolliert wegen der vielen Flüchtlinge aus den Kriegsgebieten. 1989 wurde ein neuer Plan präsentiert, der erst 1993 genehmigt wurde und den man erst 1999 zu realisieren begann. Doch illegale Siedlungen und Aneignung von Grundstücken erschwerten die Umsetzung. Nach Teheran besteht eine Metroverbindung. Der öffentliche Verkehr innerhalb von Karadj ist wenig entwickelt und die Anbindung der Vororte schlecht.



Wandmalereien












Der Verkehr









Der verschlungene Weg über den Zebrastreifen.




Die Twitter von Trump gehören in den Müll!





Shah-Abbasi-Karawanserei


An der Hauptstraße hinter der Mauer verbirgt sich die Shah-Abbasi-Karawanserei.




Unter den Safawiden wurde eine große Karawanserei und eine Steinbrücke über den Karadjfluss errichtet. Während der Kadscharenzeit (18./19. Jhd.) war die Stadt ein wichtiger Stopp zwischen Teheran und Qazvin. Die Handelsstraße durch Karadj, die nach Tschalus am Kaspischen Meer führte, wurde in den 1930er Jahren zu einer modernen Schnellstraße ausgebaut und 1938 eröffnet. Eine andere wichtige Straße über Karadj verband Teheran mit Gilan und Aserbaidschan.


Das Eingangsportal:










Der Innenhof




Um den Innenhof herum befinden sich 21 Räume mit kleinen Terrassen, die einst als Unterkunft für Reisende und Wächter dienten und als Lagerräume für die Waren.





Heute befinden sich in der Karavanserei:


Boutiquen,





ein Restaurant












und ein Festsaal für Hochzeitsfeiern.






In religiösen Familien feiern Männer und Frauen getrennt in verschiedenen Räumen.






Das Brautpaar sitzt auf der Bank hinten vor der Wand. Daneben ist der Stuhl für den Mullah, den 'Standesbeamten'.




Die Geschenke werden auf dem Tisch abgelegt.




Heirat und Familie im Iran

Die Frauen heiraten durchschnittlich mit 26, die Männer mit 30 Jahren. Normalerweise bekommen die jungen Ehepaare 4-5 Jahre kein Kind. Wird die Frau schwanger, hört sie auf zu arbeiten oder nimmt Urlaub. Der Mann unterhält die Familie. Das Kind bekommt den Familiennamen des Vaters, es wird als Moslem getauft. Arrangierte Hochzeiten sind nur noch selten, die jungen Leute lernen sich kennen. Für den Heiratsantrag besuchen Mutter, Schwester und der Bräutigam die Mutter der Braut. Ein paar Tage später ruft die Familie den Bräutigam an, ob der Antrag angenommen wurde. Bei einem zweiten Besuch wird das Ja-Wort gefeiert, die Familie des Mannes kommt zur Familie der Braut, alle sitzen im Wohnzimmer zusammen, die Braut kocht Tee und serviert ihn in einem weißen Shador (bei religiösen Familien). Der Vater der Braut befragt den Bräutigam über seine Arbeit, Wohnung. Das Brautgeld wird in Goldmünzen festgelegt und im Ehevertrag festgeschrieben. Das Geld besitzt der Mann oft nicht, es wird auch nicht verlangt, nur bei einer Scheidung wird es eingefordert. Nach der Verlobungszeit folgt die Heirat vor dem Standesamt. Das Hochzeitsfest wird privat gefeiert mit bis zu 500 Gästen. In religiösen Familien feiern Frauen und Männer getrennt, ansonsten gemeinsam. Die Gäste bringen Geschenke und Geld.




Qazvin

Qazvin gilt als Hauptstadt der Kalligraphie und ist die erste Schiitenstadt der Welt mit der ältesten Moschee. Nach der Eroberung der von den Osmanen beherrschten Stadt Tabris machte Shah Tahmasp (1524–1576) Qazvin zur Hauptstadt des Safawidenreiches (gegründet 1501 n.Chr.), einen Status, den Qazvin für ein halbes Jahrhundert beibehielt, bis Shah Abbas I. die Hauptstadt nach Isfahan verlegte. Im Jahr 1920 wurde Qazvin als Stützpunkt für die britische Norper Force (North Persia Force) genutzt. Der persische Staatsstreich von 1920, der zum Aufstieg der Pahlavi-Dynastie führte, wurde von Qazvin aus gestartet.


Die Straße vor dem Hotel




Gegenüber das Alborz Center, ein neues Einkaufscenter.





Der Weg zum 'neuen Bazar'










Der Iran-/Irak-Krieg ist allgegenwärtig.


Wandbilder zur Erinnerung an den Irak-Krieg.















Der neue Bazar

Die Sa´d-al-Saltaneh-Karawanserei stammt aus der Qajar-Ära und war nach dem Erbauer Sa'd al-Saltaneh Isfahani benannt. Sie wurde vor 130 Jahren vorwiegend für den Handel zwischen Russland und Persien gebaut und war mit zwei Hauptstraßen, zwei Hamam und sechs Innenhöfen die größte gedeckte städtische Karawanserei des Landes. Nach der hervorragenden Restaurierung der historischen Bausubstanz und Umwandlung zu einem Bazar ist ein modernes Kunst- und Handwerksviertel entstanden. In den einstigen Läden sind diverse auf Tourismus ausgerichtete Geschäfte, Cafés und Souvenirläden untergebracht.








Die Löcher in den Gewölbedecken der langen Gänge sorgten für Luft, Licht und damit man den Gebetsruf des Muezzin hören konnte.

Wasserstelle




Wasserbecken




Die Ausstellungsstücke einer Schreinerwerkstatt, dahinter das Tor zu den ehemaligen Ställen




Der noch nicht restaurierte Teil des Bazars mit Werkstätten



















In der Hauptkuppel sowie in den vier Seitenkuppeln an der Kreuzung der beiden Hauptstraßen sind schöne Fliesenmuster in gelb und türkis, den Farben der Qadscharen.












Das Ziegelgewölbe






Die Höfe

In einem Innenhof ruht ein Kamel aus Bronze mit Glocken um den Hals, als Symbol für die Karawanen.












Ulrike in fürstlichem Ornat






In anderen Höfen waren die Quartiere für die Kaufleute, Lagerräume und die Ställe für die Kamele.









Heute befinden sich Cafés in den Höfen












Die Al-Nabi-Moschee

Die Al-Nabi-Moschee liegt im nordwestlichen Bereich des Bazars. Vom Norden her kommend führt ein 120 m langer Weg, der von Mauern mit Spitzbogennischen gesäumt ist, zum Hauptportal, an das sich eine hohe Torhalle anschließt. Das Hauptportal wird von einer Goldasteh gekrönt (kleiner Dachturm, von dem aus die Gläubigen zum Gebet gerufen wurden).




Im Süden steht der Hauptiwan mit anschließender Kuppelhalle.





Die Moschee zählt zu den größten Vier-Iwan-Moscheen Irans und wurde um 1805 erbaut. Vom Westen und Osten aus ist die Moschee durch Portale vom Bazar her direkt zugänglich.









Der Goldasteh








Im Innenhof sind an der Längsseite Arkaden aufgereiht, die in der Mitte von Iwanen unterbrochen werden.











Das Gewölbe des Iwans







Das Teheran-Tor

Aus der Kadscharenzeit hatte Qazvin ursprünglich neun Stadttore. Davon sind noch zwei aus dem Jahre 1877 erhalten, das an der Ausfallstraße nach Norden gelegene 'Darvāze Kuschk' und das an der Ausfallstraße nach Süden gelegene 'Darvāze Tehrān', das 1960 grundlegend restauriert wurde.












Das anthropologische Museum

Das anthropologische Museum befindet sich im ehemaligen Hamam (orientalisches Badehaus)





















Imamzadeh Hosseyn


Im Imamzadeh ist der um 820 in Qazvin verstorbene Hosseyn, ein Sohn des achten Imam Reza, beigesetzt.











Beim Betreten des Hofes fällt als erstes der wunderschöne Trinkwasserbrunnen auf.




Für Frauen und Männer gibt es getrennte Eingänge zum Grabmal. Im Seitenflügel rechts der Eingang der Männer.




Durch den Trinkwasserbrunnen links noch sichtbar der Seitenflügel mit dem Eingang der Frauen zum Grabmal.




Die verspiegelte Vorhalle des von zwei Minaretten flankierten Grabbaues ist wegen Renovierungsarbeiten leider mit einer Plane verdeckt.




Und immer wieder faszinieren die Fliesenornamente.




Der Shador wird allmählich schon zur Gewohnheit. Die Ausgabe und Rücknahme wird genauestens registriert. Vermutlich haben früher einige beim Verlassen der Moschee schon gar nicht mehr bemerkt, dass sie den Shador noch anhatten.




Der Aufdruck enthält Angaben zur Herkunft des Shadors, eine Sicherheitsmaßnahme - 'Fromme Stiftung der Provinz'




Der Sittenwächter begutachtet kritisch die Bekleidung der Frauen; er brauchte nicht einzuschreiten.



und konnte sich auf sein Plätzchen hinter dem Trinkwasserbrunnen zurückziehen








Die Wände in der Innenhalle sind mit Spiegelfacetten und blauen und bräunlichen Fliesen ausgekleidet, die florale Ornamente bilden.












Das mit feinen Einlegearbeiten verzierte Holzkenotaph aus dem Jahre 1403 ist durch ein silbernes Gitter und einem mit getriebenem Goldblech versehenen Aufsatz geschützt.









Ulrike zwischen lauter Gebetsketten.





Geldspenden fördern die Erfüllung der Wünsche der Gläubigen.









Über allem schwebt ein riesiger Kristalleuchter





Der in der Vorhalle hängende Kronleuchter erfährt zu Nowrouz (Neujahr) seinen Frühjahrsputz.





Die verdeckte Vorhalle von innen









Florale Fliesenmuster

Die Blumenmuster entstanden in der Zeit der Safawiden 16.-18.Jhd.). Sie sind von ihrer Umgebung inspiriert. Ursprünglich zur Dekoration von Fliesen verwendet, fanden sie schnell ihren Weg in das Teppichhandwerk.



























Geometrische Muster, die in der Qadjar-Ära aufkamen.








Die Mosaiken wiederholen in schwarzer Schrift 'Allah'.






Vor dem Imamzadeh besteht auch noch die Möglichkeit einer Spende.





Eine kleine Moschee am Weg





Jameh-Mosque Atiq





Die Moschee stellt eines der prominentesten Monumente der islamischen Zeit dar. Das Gebäude weist mehrere Baustile auf, der älteste Teil gehört zur zweiten islamischen Zeit. Die Portale wurden während der Safavidenzeit restauriert.









Renovierung des Minaretts.












Das westliche Portal stammt aus der Zeit des Shah Soleiman Safavi




















Das Südportal stammt aus der Seldschukischen Zeit (11./12. Jhd.) und ist zur Zeit wegen der Renovierungsarbeiten für die Öffentlichkeit nicht zugänglich. Es beherbergt einige wertvolle Beispiele der Reliefkalligraphie aus dem Mittelalter.





In Stein gehauen sind die Namen und Orte von Spendern für den Bau und die Unterhaltung der Moschee.




Der nördliche Iwan mit den beiden Minaretten stammt aus der Zeit von Shah Abbas









Das östliche Portal während der Qadjar-Zeit wiederhergestellt.





Der Weg zum neuen Bazar.






Ali-Qapu-Torbau


Der Ali-Qapu-Torbau stammt aus der Mitte des 16. Jahrhunderts und diente als repräsentativer Hauptzugang zu den Safawidischen Regierungs- und Palastanlagen. Die heutige Straße, die auf den Torbau zuführt, war früher eine Promenade und doppelt so breit. Zu besonderen Anlässen wurde von den oberen Stockwerken des Torbaus mit Pauken musiziert.





Im Inneren des Iwans ist auf halber Höhe eine Thult-Flieseninschrift des berühmten Kalligraphen Ali Reza Abbasi auf strahlend blauem Hintergrund angebracht.





Ein Blick in den Innenhof des Hauses von Ayatollah Seyyed Abbas Aboutorabi wird uns gewährt. Seyyed Ali Akbas Aboutorabi Fard war ein iranischer Revolutionär. Er gründete und leitete das Islamische Revolutions-komitee in Qazvin. Während des Iran-Irak-Krieges organisierte er die Miliz, wurde gefangen genommen und verbrachte zehn Jahre in irakischen Gefängnissen. Nach seiner Freilassung wurde er der Vertreter des Obersten Führers im Hauptquartier von Azadegan (entlassene Kriegsgefangene) und Teheran-Vertreter in der 4. und 5. Amtszeit der Islamischen Konsultativversammlung. Zusammen mit seinem Vater kam er am 2. Juni 2000 bei einem Autounfall ums Leben, als sie auf dem Weg nach Mashhad zur Imam Reza-Pilgerfahrt waren.





















Der ursprüngliche Bazar










Der Märtyrer-Friedhof






Der erste im Irak-Krieg abgeschossene Pilot








Der Chehel Sotun Pavillon


Shah Abassi I. ließ sich im Pavillon Chehel Sotun in Qazvin krönen.





Über den Toren befinden sich schöne Kachelmuster und das Symbol der Safawiden-Dynastie - ein Löwe mit Schwert als Symbol der Macht des Herrschers, dessen Gesicht in der Sonnenscheibe aufscheint.








Der Chehel Sotun Pavillon ist zweistöckig mit einer zentralen Halle im Erdgeschoss, Wasserbecken aus weißem Marmor und Iwane zum Garten hin. Was aussieht wie ein Teppichwebstuhl ist ein Musik-Instrument. Es sieht wie eine senkrechte Harfe aus und klingt ähnlich.

Durch eine sehr kleine Tür betritt man das Museum. An der Stalaktitendecke sind nur Reste der Bemalung zu sehen.









Wir treffen auf eine Schülergruppe.







An den Wänden wurden mehrere Schichten der Fresken aus dem 16.Jahrhundert freigelegt, sie wurden von den verschiedenen Herrschern angefertigt.




Im ersten Stock sind bunte Glasfenster und an einer Wand sieht man eine barbusige Haremsdame mit einem Buch in der Hand.




In Glasvitrinen sind 1000 Jahre alte Schriften ausgestellt, unter anderem gold verzierte Bücher des Koran. Die Persische Schrift gibt es unverändert seit 1000 Jahren, so dass alte Schriftstücke auch heute noch ohne weiteres gelesen werden können.







Das große Holzrahmenfenster mit den vielen bunten Glasscheiben taucht das Kalligraphie-Museum im ersten Stock in ein Farbenmeer.









Es ist der 9. März. Die Bäume fangen an zu blühen,





Papageien sitzen auf ihren Zweigen.





Das herrschaftliche Haus eines früheren Außenministers, das zuletzt als Museum diente.








Dem Verfall preisgegeben, das erste moderne Hotel in Qazvin.





Wandmalerei






Die Kantur-Kirche


Die russisch-orthodoxe Kantur-Kirche ist als 'Borj Naqus' bekannt und wurde von den Sowjets während der Besetzung Qazvins im Zweiten Weltkrieg erbaut.











In der Kirche befindet sich heute ein kleiner Kunstgewerbeladen.



Eiermalwettbewerb












Büsten-Allee






Die Rückfahrt in zäh fließendem Verkehr