Freitag, 18. Januar 2019
(5) Neues aus Iran
Mashhad, die Pilgerstadt



Vom lokalen Flughafen Mehrabad aus geht es Ende Oktober an einem Wochenende mit dem Flieger nach Mashhad, mit 2,8 Mio Einwohnern die zweitgrößte Stadt Irans im Nordosten an der Grenze zu Turkmenistan.







Es ist eine moderne Stadt mit breiten Straßen, die durch eine U-Bahn entlastet werden. Die bedeutendste Sehenswürdigkeit ist der Haram (Schreinkomplex), der an das Martyrium des 8. Imam der Zwölferschiiten, Imam Reza, im Jahre 818 erinnert. Der Kalifen hatte ihn mit Trauben vergiften lassen, nachdem es ihm nicht gelungen war, ihm die spirituelle Macht abzugewinnen und er seinen Einfluss am Hof fürchtete.



Ein Bus bringt uns vom Flughafen zu unserem Hotel in unmittelbarer Nähe des Imam Reza Shrine Complexes, bekannt als Haram-e Razavi.



Blick vom Dach unseres Hotels auf den Haram. Das Heiligtum wurde im frühen 15. Jh. ausgebaut. Nachdem die Safawiden den schiitischen Islam als Staatsreligion etabliert hatten, wurde Mashhad zur wichtigsten Pilgerstätte des Iran und wird ohne Unterbrechung weiter ausgebaut. Das Imam-Reza-Heiligtum ist von einer Unzahl heiliger Bezirke umgeben, die alle zusammen, Haram-e Raazavi oder kurz Haram genannt werden. Er beherrscht das Stadtzentrum. Die wohltätige Stiftung des Heiligtums ist ein mächtiges Geschäftskonglomerat, das Unternehmen in den Branche Backwaren, Teppiche, Mineralien und Transport verwaltet. Der größte Teil der Einnahmen des Heiligtums stammt aus Spenden, Erbschaften und dem Verkauf von Grabstätten: In der Nähe des Imam begraben zu liegen, ist eine große Ehre (und entsprechend teuer).



Hier hoch oben über den Dächern bin ich Mensch, ...





Diese Stadt in der Stadt verzaubert – mit ihren Kuppeln und Minaretten in Blau und Gold, von Brunnen gekühlten Höfen und prächtigen Bogenarkaden.



Der Schrein selbst hat eine Fläche von knapp 270.000 m², das entspricht rund 27 Fußballfeldern. Rechnet man die sieben massiven Innenhöfe dazu, kommt man auf eine Fläche von knapp 600.000 m². Nach der al-Haram-Moschee in Mekka und der Propheten-Moschee in Medina ist sie damit die drittgrößte Moschee der Welt und gehört zu den wichtigsten Pilgerstätten im Iran. Mehr als 20 Mio Pilger aus allen Landesteilen und Ländern der Welt strömen im Jahr hierher, um dem Iman ihre Ehrerbietung zu erweisen. Sie verleihen der Stadt eine multikulturelle Atmosphäre.

Der Weg zum Haram wird von Geschäften gesäumt, die auf die Bedürfnisse der Pilger ausgerichtet sind.















Nicht-Muslime melden sich bei den Wärtern. Diese informieren die Besucheranmeldung, die dem Besucher einen Begleiter zur Seite stellt. Diese Begleiter, ebenso wie die übrigen Helfer, die die Teppiche in der Imam-Ridha-Moschee für die Nachmittagsgebete platzieren oder die sonstige Besuchergruppen begleiten, sind Freiwillige, für die es eine große Ehre ist, dort eine Woche oder auch nur einen Tag für ein Vergelt´s Gott einen Dienst abzuleisten. Nur mit diesen Leuten ist der Betrieb überhaupt aufrecht zu erhalten.



Frauen müssen einen Tschador tragen, den sie sich an der Information ausleihen können.





Dann geht es durch die Sperren. Fotoapparate sind verboten - Handys erlaubt (?!?!)



In den riesigen Innenhöfen finden sich die Gläubigen zum Abendgebet. Die eintönige Stimme des Vorbeters wird durch Lautsprecher über das ganze Gelände übertragen und auf Leinwände. Ein dauernder Geräuschpegel beschallt den Komplex.



Vor den Betenden steht eine Leinwand mit dem Vorbeter.













Besuchergruppen aus allen Landesteilen und Ländern bekommen in einzelnen Räumen Filmvorführungen über den Komplex und Informationsbroschüren über den Islam.







Komplizierte blaue Fliesenarbeiten und arabische Kalligraphien sind in den zahlreichen Iwan- und Minaretten nahezu allgegenwärtig.









Im Südosten steht der Iwan mit dem aufgesetzten zweistöckigen Neqar-e Khaneh, dem Paukenhaus, wo auch heutzutage noch Pauken und Trompetenklänge bei Sonnenaufgang- und Untergang erschallen.







Die Pilger gehen weiter zum Hauptschrein mit dem Grab des Imam Reza. Eine beeindruckende goldene Kuppel steht zentral über dem Schrein. Nicht-Muslime dürfen sich nicht in das innere Heiligtum begeben.
Hier wird unter Tränen gebetet und meditiert, der emotionale Höhepunkt einer jeden Pilgerfahrt nach Mashhad besteht darin, das Zarih (goldene Gitter) des Schreines und das Grab des Imam Reza herum zu berühren und zu küssen. Von beiden Seiten geht es durch goldene Iwane (Eingangsportale) ins innere Heiligtum.







Nach dem Rundgang von gut drei Stunden sind wir von der Pracht und dem Lärmpegel erschlagen.

Am nächsten Morgen brechen wir nach dem Frühstück nach Neyshabur auf und besuchen das Grab des Dichters Omar Khayyam. Die Stadt liegt in einem Hochgebirge in der Provinz Razavi-Khororozan("Land des Sonnenaufgangs") im Nordosten Irans. Durch sie führt die Seidenstraße. Es handelt sich um ein traditionelles Zentrum des keramischen Gewerbes und der Teppichherstellung.

Unser Busfahrer fährt allerdings die "normale" Touristrecke und bringt uns zum Grabmal des 1940 verstorbenen Künstlers Kamal ol-Molk, einem der prägenden Maler der iranischen Moderne. Eine gute Gelegenheit für eine kleinre Pause. Für Unterhaltung und Nachschub ist hier gesorgt.









Wir wollen jedoch weiter zum Grab von Omar Khayyam. Er war ein Universalgenie - Mathematiker, Philosoph, Astronom, Astrologe und nicht zuletzt Dichter. Er erstellte einen Sonnenkalender zu astrologischen Zwecken, der genauer war als der 500 Jahre später erstellte Gregorianische Kalender. Der moderne iranische Kalender beruht auf seinen Berechnungen. Er fand die Lösung kubischer Gleichungen mit Ermittlung ihrer Wurzeln durch die geometrische Darstellung. Seinen Weg setzte erst Jahrhunderte später Descartes fort. Als Dichter war er im eigenen Land jedoch lange unbekannt. Wenn überhaupt, wurden nur wenige seiner Verse zu seinen Lebzeiten veröffentlicht. Ihnen wurde von persischer Seite dichterische Anerkennung verweigert. Berühmt wurde er erst 700 Jahre nach seinem Tod in der Mitte des 19. Jahrhunderts, durch Übersetzungen in der anglo-amerikanischen Welt. Sein Ruhm im Westen strahlte auf den Dichter in seinem Heimatland zurück.

Das Mausoleum in seiner heutigen Form wurde von der iranischen Regierung 1934 in Auftrag gegeben. Der Bau wurde 1963 abgeschlossen.









Lesung am Grab





historische Wächter



Museumsladen

Das Freilichtmuseum mit seiner Holzschindel-Moschee muss man besucht haben. Die Moschee wurde einst von einem reichen Bewohner der Stadt gebaut und wird nach seinem Tod jetzt von seiner Familie weiterbetrieben. Die 40 Tonnen Holz und ihr Geruch machen sie zu einer einzigartigen Sehenswürdigkeit.













Das Restaurant nebenan bezaubert durch Licht und Schatten.









Weiter geht die Reise zum nach Bodschnurd, einem Ausgrabungsfeld nahe der turkmenischen Grenze. Dort übernachten wir in einem Hotel.







Zum Abendessen sind wir im Restaurant eines deutsch-iranischen Ehepaares verabredet, das in Bodschnurd einen Vergnügungspark errichten will. Wegen der Sanktionen sind jedoch einige Investoren abgesprungen.











Am nächsten Morgen geht es zur Ausgrabungsstätte des Deutschen Archäologischen Instituts in Rivi, einem großen Siedlungsfeld aus der Zeit von 1300 v.Chr. bis 500 n.Chr.

Mit uns kommen die Wirtsleute und beglücken uns mit einem Lunchpaket.







Am Abzweig von der Hauptstraße holt uns ein Motorradfahrer ab und weist uns den Weg.





Vorbei geht es an Ziegelbrennereien, die Konkurrenten der Archäologen. Nach langen und zähen Verhandlungen konnte der weitere Abbau für die Dauer der Ausgrabungen gestoppt werden.









Der 'Frühstücksraum' ist gerichtet und fürs Frühstück wird alles vorbereitet, während wir uns die Ausgrabungen anschauen und den Archäologen und Arbeitern bei der Arbeit zuschauen.





In Sichtweite liegt Turkmenistan.





Die deutsche Projektleiterin gibt uns eine kleine Einführung zum Projekt.

















Frühstück ist fertig!





bequem ist anders





Zurück geht es nach Bodschnurd, wo sich die Wirtsleute von uns verabschieden mit dem innigen Wunsch, dass wir bald einmal wieder kommen sollen - das hören wir immer wieder!





Links und rechts der Straße liegen lila Safranfelder. Der Anbau ist infolge der Klimaerwärmung erst seit drei Jahren möglich geworden.





Wir sind im Anflug auf den Moloch Teheran.